In der Reihe „Berlin-Leipzig-Berlin-Leipzig-und so weiter“ präsentieren wir euch unsere Erlebnisse der einwöchigen Ausdauerbahnfahrt zwischen Berlin und Leipzig. Diesmal unterwegs im Berliner Botschaftsviertel:
Wir hatten uns für den Abend „Spitzenweine aus Südwest“ extra unsere Jackets übergezogen, damit wir zumindest einen guten Ersteindruck machten. Auch hatten wir uns vorher Sätze zurechtgelegt, um kultiviert und welterfahren zu klingen („Dies ist in der Tat Wein!“, „Schenk ruhig nach.“). So vorbereitet, verlangten wir Einlass in die Landesvertretung Baaden-Wüttenbergs¹, welche samt und sämtlich mit Ständen von etwa 70 Winzern vollgestellt war.
Obendrein war für uns ein riesiges Buffet aufgebaut worden, inklusive warmer und kalter Speisen und sogar einem Schokobrunnen. Schön blöd, dass wir vorher noch etwas gegessen hatten. Mehrere Hundert geladene und sichselbstgeladene Gäste (wir) bevölkerten das Gebäude und eine mittelgute Jazzband besorgte die notwendige Hintergrundmusik. Es wurde gemunkelt, der Abend habe etwa 80.000 Euro gekostet. Ohne den Wein – den haben die Winzer selbst bereitgestellt. Wir überlegten noch andere Gerüchte zu streuen, waren aber zu sehr von der Weinverköstigung vereinnahmt. So war zum Beispiel der Wein von Herrn Nägele wirklich zu empfehlen, ebenso der von der Firma Kern. Leicht kurios neben den professionellen Betrieben wirkte ein familiärer Winzer, der die Weine nach seinen Kindern benannte und man sich somit beispielsweise an „Pia“ labte.
Im Laufe des Abends unterhielten wir uns mit der Weinkönigin von Bahden² und der Weinkönigin von Wütenbert³ und fragten sie, ob sie denn auch ins Ausland auf Veranstaltungen fahren würden. „Ja, schon, so wie heute nach Berlin eben“, war die Antwort. Wir posierten noch schnell für ein Photo mit den beiden und wandten uns wieder dem Wein zu.

Wir beratschlagten, wie viele der Veranstaltungsgäste wir wohl auf unserer Seite hätten, wenn wir „Tod den Weinköniginnen!“ gerufen, rollende Köpfe und die Weindemokratie eingefordert hätten. Wir beließen es bei dem Gedankenexperiment und probierten uns lieber gemeinsam mit Einkaufsleuten von Kaufland weiter durch das Weinsortiment. Die Kaufländer waren junge Burschen, die noch weniger von Wein zu verstehen schienen, als wir Vinothekbesucher („Der Rote unten war gut“). Aber immerhin gibt es im Kaufland den ebenfalls an dem Abend angepriesenen Affen(taler)wein, dessen sehr netter Vertriebsleiter zugab, dass er sich früher für den etwas albernen Namen geschämt hat. Heute ist er aber überzeugt von seinem Produkt (neuer Slogan von uns: Aus Affen. Von Affen. Für Affen).
Uns dagegen überzeugte die Flasche, da auf ihr ein güldener Affe reliefiert ist. Und so degustierten wir wild herum und brachten es auf stolze 22 verkostete Weine an diesem Abend.
Als sich die Tanz- und Trinkfläche langsam zu leeren begann, beziehungsweise bevor wir zu betrunken waren und unangenehm auffielen, riefen wir unseren Fahrer, der mit unserer schwarzen S-Klasse in der Einfahrt der Landesvertretung wartete. Für 2.28 Euro kann man sich auch ruhig mal was leisten, fanden wir, und ließen uns sicher nach Hause chauffieren. Dort wartete Mikław schon aufgeregt und wir erzählten ihm unser Abenteuer bei einer Flasche Affenwein (in Affenwein komm’n Affen rein).
Auch dieser Abend bestätigte, was wir bereits nach dem Kulturempfang der Sozialdemokratie vermuteten: Wenn man irgendwo rein will und nicht eingeladen wurde, hilft fragen häufig weiter. Und auch hier hatten wir im Vorhinein der Veranstaltung einige Hoffnungen, zum Beispiel, dass nicht nur die Weinköniginnen aus Baten² und Wüstenberg³ kommen, sondern auch die LSD-Königinnen des norddeutschen⁴ Bundeslandes. Außerdem planten wir das Land Bayern-Würrtemberg¹ in die Armut zu saufen. Beide Träume haben sich leider nicht erfüllt.
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¹ herkömmliche Schreibweise: Baden-Württemberg
² richtige Schreibweise: Baden
³ richtige Schreibweise: Württemberg
⁴ hier: südwestdeutschen