Abgelehnte Wettbewerbsbeiträge: Hörspielsommer

In seiner Freizeit nimmt der Grantlfant gern an Wettbewerben teil, nur mit dem Ziel, dass die Beiträge trotz ihrer minderwertigen Qualität abgelehnt werden. Hier gibt es nun für alle außerhalb der Jury auch noch mal die Möglichkeit, unseren Kram abzulehnen:

Vor gar nicht allzu langer Zeit rief der Hörsielsommer Leipzig zu einem Wettbewerb auf und suchte nach interessanten neuen Hörspielmanuskripten. Uns fehlte die Erfahrung, doch wir hofften diesen Makel durch übersteigerten Enthusiasmus ausgleichen zu können. Also zimmerten wir kurz vor Einsendeschluss in einer Nacht-und-Nebel-Aktion ein Hörspiel über die Band bäm boozé zusammen. Einen Platz auf dem goldenen Treppchen des Leipziger Manuskriptwettbewerbs konnten wir damit nicht erringen, doch zumindest kamen wir unter die besten 64. Dadurch ermutigt, möchten wir unser Machwerk auch niemandem vorenthalten.

Seiner Zeit voraus: Das Album "Ende gut, alles gut"
Seiner Zeit voraus: Booklet des Erstlingswerks „bäm boozé“

Interview mit Nikki N.

Sprecher: [Räuspern] Naja, auf jeden Fall gab’s da diese Band: bäm boozé. Und neulich hat ein redaktioneller Bekannter meinerseits ein Interview mit der Frontsängerin Nikki N. geführt.
[Radiorauschen und akustische Mittelwellen-Sendersuche]
[Typisch furchtbarer Radio Jingle „FM34 sorgt für Stimmung!“]
Moderator: [ungewöhnlich fröhlich für die morgendliche Uhrzeit] Willkommen zurück bei der FM34-Morgenrunde mit Karli. Heute ist Nikki N. von bäm boozé bei mir zu Gast! Nikki, eure neue Single „Das fetzt!“ aus dem Album „austrian moves“ hat ja jetzt bei der Fanbase eher so mittelmäßig eingeschlagen. Wie erklärt ihr euch den rapiden Rückgang der Verkaufszahlen in nur acht Monaten? Gerade wo doch euer letztes Album ja unter Kennern als Geheimtipp galt.
Nikki: Erst mal hallo. Was ist denn das für eine Art?! Gleich mit der Fragerei anzufangen… Nun gut. [Chipstütenrascheln] Ich glaube halt, dass viele unserer Fans nicht mit der Umstrukturierung der Band klarkommen. Aber solche Fans, die brauch‘ ich auch gar nicht. Nur, weil ich den Schlagzeuger aus Versehen angefahren habe und wir ihn dann austauschen mussten… Mit dem neuen Mann an den Drums sind wir übrigens super happy. Danach könnten Sie zum Beispiel mal fragen!
M: Da haben Sie sich aber gut um die Frage nach den abgestürzten Verkaufszahlen gedrückt. Ich merke, Sie sind nicht gut darauf zu sprechen?
N: Nein.
M: Ok, das respektiere ich! Nun aber mal was Grundsätzliches: Wie seid ihr eigentlich auf den Bandnamen gekommen? bäm boozé hört sich ja sehr exotisch an, fast schon afrikanisch. Und wenn meine Redakteure richtig recherchiert haben, ist dein richtiger Name auch gar nicht Nikki N.?
N: [lacht] Ja, da haben sie ganz richtig recherchiert, die Herren Redakteure. Das mit meinem Pseudonym ist ja eh ’ne super witzige Geschichte, die muss ich einfach kurz erzählen: Es ist ja nun mal so, dass man schwer mit dem Erfolg ringen muss, wenn man Namen wie Gertraude Weißmüller oder – so wie ich – Martha Eigenstädler trägt.
M: Das dürfte für viele Zuhörer ja neu sein?!
N: Naja, auf jeden Fall kam vor fünf oder sechs Jahren mal ein bärtiger Mann – ich glaub‘ der war Bühnenarbeiter oder so – in den Bandprobenraum … und nannte mich Nikki. Totalst skurril sag ich dir. Und der Thorsten, unser [hustet] damaliger Drummer, der meinte dann: Mensch, das wär‘ doch ein spitzen Pseudonym. Und wenn du dich dann noch Nikki N. nennst, hast du gleich noch ’ne Alliteration UND ein Palindrom. Da haben wir alle lachen müssen und so kam das eben mit meinem Namen. Ich bin mir sicher, dass selbst du solche Geschichten nicht oft vor die Hutschnur bekommst.
M: [gekünstelt beeindruckt] Ja, schon irre.
N: Nicht wahr?
M: Vielleicht spielen wir einfach mal einen Song von eurem neuen Album.
[Fade in – Song „Das fetzt!“]
Kleine dicke Holzwindmühle stehst dort ganz allein,
drehst die Flügel schnell im Wind, niemand kommt hinein.
Keiner holt das frische Mehl, backt ein leck’res Brot.
Kleine dicke Holzwindmühle bald schon bist du tot.
[Fade out]
M: So. Da sind wir wieder. Euer Karli von der FM34-Morgenrunde im Interview mit Nikki N. von bäm boozé.
N: Hi!
M: Wo waren wir noch gleich? Ach so… euer Name. Wo kommt denn der nun her?
N: Tja, da muss ich nochmal weiter ausholen. Ich hatte dir ja schon im Vorgespräch der Sendung von der Kerzenzieherei erzählt, die mein Bruder und ich vor drei Jahren in Mannheim eröffnen wollten. Wir hatten soweit alles zusammen – die Dochte – Döchte? Dochtse? Ach was, Dochte! – haben wir sogar ziemlich günstig bei einem aserbaidschanischen Händler in Tiflis erstehen können – nur das Datum der Eröffnungsfeier machte uns noch zu schaffen, da meinem Bruder immer noch dieser grässliche Husten zusetzte. Nichts hat geholfen, weder Schulmedizin noch Hausmittelchen. Mutter war schon ganz in Sorge und befürchtete wie immer das Schlimmste, aber dann haben wir da so ein Präparat im Internet entdeckt – ich will jetzt ja keine Schleichwerbung machen…
M: [unterbricht sie] Ja. Besser nicht.
N: Naja, auf jeden Fall hat dieses eine Präparat ihm geholfen und das hieß „Boozé“ und dann dachten wir einfach…
M: [unterbricht sie wieder; irritiert] BÄM?
N: [begeistert] JAAA! BÄM Boozé! So richtig mit Power! Da steckt so viel Weiblichkeit drin.
M: Apropos Weiblichkeit, dann war da ja noch dein Photoshooting, was bei den anderen Bandmitgliedern doch für das ein oder andere Augenbrauenhochziehen gesorgt hat.
N: Na als ob wir uns noch nie nackt gesehen hätten, mh, ok, das haben wir auch nicht. [lacht] Aber so Nacktheit ist doch was ganz Natürliches. Und Publicity brachte es auch.
M: Gut, aber dem Schlagzeuger war es ja trotzdem sehr unangenehm. Er fühlte sich vom Photoshooting wohl doch sehr überrumpelt.
N: Ja, aber weißt du was mich letztens total überrumpelt hat, war, dass unsere heutige Länge eines Meters erst 1960 festgesetzt wurde! Erst 1960!
M: Häh? Und wie viel…
N: Wie, wie viel?
M: Na, wie viel ist es?
N: Ach so, ja, also ein Meter ist das 1650763,73-fache der Wellenlänge der von Atomen des Nuklids 86Kr beim Übergang vom Zustand 5d5 zum Zustand 2p10 ausgesandten, sich im Vakuum ausbreitenden Strahlung. Krass, oder? Und das Verständnis dieser Definition setzt lediglich Kenntnisse in Atomphysik voraus!
M: Manchmal werde ich wirklich nicht schlau aus Ihnen. Hm. Wir hören jetzt einen Livemitschnitt von „stimmungsvoll und nachdenklich“ von Nikki N., aufgenommen beim ausverkauften Konzert in der Sumpfblume in Hameln.
[Fade in – Song „stimmungsvoll und nachdenklich“]
[Klatschendes Publikum; Zwischenrufe „Nikkiiiiii“]
Background: [Endlosschleife] Nachdenkliches Lied, stimmungsvoll und nachdenklich.
Lead: Da geht einem gleich das Herz auf.
Ich träume mich hinfort.
Ich sitze neben meinem Partner
und wünsch‘ mir einen noch schöneren
noch attraktiveren.
Hätte ich doch Achim in der siebten Klasse mal gefragt,
wir wären sicher noch glücklich!
Background: Nachdenkliches Lied, stimmungsvoll und nachdenklich.
Oh mein Gott, dieses Lied ist so stimmungsvoll und auch so nachdenklich.
[zurück zur Endlosschleife]
Lead: Voller Sehnsucht – steh‘ ich einsam im Wald.
Und bin ein bisschen nachdenklich.
Wir lassen euch allein mit diesem stimmungsvollen Lied.
Lead+Background: Stimmungsvoll und nachdenklich…
[Jubelndes Publikum; Nikki sagt „Danke, Hameln! Ihr seid die Geilsten!
Kommt gut nach Hause, Leute!“]
[Fade out]
M: Na da schien die Stimmung ja wirklich etwas ganz Besonderes zu sein.
N: Schon sehr stimmungsvoll und nachdenklich. Aber zuerst wollte ich an der Stelle noch kurz anmerken, dass das so nicht abgesprochen war, dass Sie hier die Live-Version unserer Single spielen. Bei der Aufnahme hört sich meine Stimme so blechern an. Lag da an dem Tontechniker vor Ort. Erik. Ein super netter Typ, aber an dem Abend hatte er wohl irgendwie privat zu tun und dann ist halt die Aufnahme nicht so toll geworden. Auf der CD – die kommt dann übrigens zum Welteisbärtag raus, deshalb auch dieses exotische Album-Cover – hört sich das 1000 mal besser an.
M: Davon gehe ich aus. [veränderte Tonlage] Aber jetzt erst mal die aktuellen Blitzer hier bei uns im Kreis.
[Typisch furchtbarer Radio Jingle „FM34 sorgt für Stimmung!“]
[Radiorauschen und akustische Mittelwellen-Sendersuche]
Sprecher: [schmunzelnd] Hm. Naja und das war eigentlich auch das letzte Mal, dass man öffentlich groß irgendwas von Nikki N. oder bäm boozé gehört hat. Schönen Abend noch!


Übrigens würden wir uns sehr darüber freuen, wenn jemand Lust hätte dieses kleine Hörspiel zu vertonen. Interessensbekundungen könnt ihr uns jederzeit per E-Mail schicken.