In der Reihe „Berlin-Leipzig-Berlin-Leipzig-und so weiter“ präsentieren wir euch unsere Erlebnisse der einwöchigen Ausdauerbahnfahrt zwischen Berlin und Leipzig. Hier wollen wir nun berichten, was uns in den heiligen Hallen der DB Lounge widerfahren ist:
Wie bereits erwähnt, war die erstklassige Berliner DB Lounge weitaus üppiger und komfortabler ausgestattet, als der poplige Gemischtklassenladen in Leipzig. Dort konnten wir uns an Eintopf, Sekt, Weißbier und diversen anderen Köstlichkeiten laben und Bedienstete für uns schuften lassen – welch erhabenes Gefühl! Aber weil wir Menschen des Volkes sind, haben wir das Personal nicht nur herumgescheucht („Zwei Sandwiches für meinen Freund und mich!“, „Wischen Sie doch endlich mal diesen Fleck weg!“, „Zwei Bier, zwei Sekt und Cracker!“), sondern uns auch mit ihnen unterhalten. Ja, man könnte beinah sagen, Freundschaft geschlossen. Beinah.

Beispielsweise hatten wir uns mit Gisela¹ im Laufe der Woche mittlerweile so gut gestellt, dass sie Kopf und Kragen für uns und die Erfüllung unserer exquisiten Wünsche riskierte. So bekamen wir von ihr noch vor allen anderen Gästen eine Packung Nüsse im Teigmantel zugesteckt. Dies musste in aller Heimlichkeit geschehen – die Packungen waren in neutrale Servietten eingewickelt – , denn vor 18 Uhr sollte es eigentlich gar keine Nüsse in der DB Lounge geben! Und wir saßen zurückgelehnt da, blickten die anderen Gäste mit einem neckischen Grinsen an und knabberten bereits um 17:45! Und alles Dank Gisela, die mit dieser Aktion sicher Gefahr lief, ihren Job zu verlieren. Wir dankten es ihr mit einem „Danke sehr!“.
Dass wir zur Wochenmitte bereits ein wenig, aber noch nicht genug Loungecredibility gesammelt hatten, bemerkten wir, als wir versuchten, einen Gast mit in die Lounge zu nehmen. Am Berliner Hauptbahnhof hatte uns nämlich ein skandinavisch anmutender Comicfan² mit Rosen aufgewartet und zum Dank wollten wir ihm einen Kaffee spendieren (besonders bei Gratiskaffee haben wir unsere Spendierhosen an). Doch welch Schreck: wurden wir doch für unsere Güte mit Plätzen im Bereich der 2. Klasse bestraft. Aber meckern wollten wir nicht, immerhin durften wir den jungen Herrn überhaupt mithineinnehmen. Spannendes hatte er uns zu berichten. Leider verstanden wir nicht alles, da es beim Pöbel in der zweiten Klasse so unangenehm laut war.

Als die Tage langsam ins Land zogen, kannte man uns bereits und wenn auch nicht nachgefragt wurde (Diskretion ist das A und O in diesem Job!), so spürten wir doch die leicht irritierten Blicke der Angestellten, dass wir uns wiedereinmal in der Lounge herumtrieben. Auf einen Kaffee, ein Sandwich oder auch einen Eintopf. Eine Bedienstete³ brach jedoch das Schweigen und fragte uns, warum wir denn so häufig vor Ort wären und ob wir denn nichts besseres zu tun hätten. Sie selbst wüsste viele Dinge, die sie tun könne, statt ihre Zeit in der DB Lounge zu verbringen. Im Besonderen schienen nicht alle Gäste so pflegeleicht und einfach zufriedenzustellen zu sein wie unsereins, und ihre vielsagenden Blicke zeigten uns die mannigfaltigen guten Gründe, sich über Gäste der Lounge zu echauffieren. Leider wurde unser ins vertrauliche abgleitende Gespräch immer wieder gestört – wie erwartbar: von penetranten Gästen. Sie verriet uns auch, dass man als DB-Lounge-Angestellte gar nicht so viel verdient, wie man gemeinhin glaubt, was uns dann zugegebenermaßen ein wenig verwunderte. Sollte denn etwa unser gutes Ersteklassegeld nur den oberen zehn Bahnmanagern zugute kommen?
Um von der Lounge-Angestelltenseite auf unsere Lounge-Gästeseite wechseln zu können, wurde von ihr Lottospielen in Betracht gezogen. Und da wir bisher leider auch noch keine gute Idee hatten, wie man ohne Arbeit oder größere Gewissensbisse reich wird, konnten wir uns mit ihr für diese Methode begeistern und beschlossen, für uns drei ein gemeinsames Lotterielos zu kaufen. Sie freute sich über ihre neue Tippgemeinschaft. Am nächsten Tag – es war unser letzter Reisetag – machten wir also drei mal 6 Kreuze auf einem Schein und da unsere Mitspielerin leider an diesem Tag Urlaub hatte, schrieben wir einen netten Brief und ließen das Los in der Lounge für sie hinterlegen. Falls wir gewönnen, so schrieben wir, solle sie uns doch bitte kontaktieren und mitteilen, wie viel sie uns abgeben möchte. Wir haben aber auch ein Vertrauen in die Menschheit! Leider (oder zum Glück) gewann unser Tippschein nichts und so musste uns die Dame auch nicht kontaktieren. Über ein Dankeschön für die (vergebene) Chance oder das Altpapier (immerhin 8,33 Cent pro kg!) hätten wir uns aber schon gefreut. Aber vielleicht wollte sich auch ein Kollege bereichern und das Los fand nie zur eigentlichen Empfängerin? Wir werden es wohl nie erfahren.

Um unsere Chancen um ein Vielfaches zu erhöhen, füllten wir noch einen weiteren Schein nur für uns beide aus. Doch leider gewannen wir auch mit unserem 6-aus-49-Spiel dieses Lottoschein nichts, wobei wir diesmal wirklich nah dran waren: Im zweiten Feld lagen wir sage und schreibe bei fünf Zahlen genau eine Zahl daneben! Wir sind nun also wie viele andere Beinahlottomillionäre! Verdient wäre es allemal gewesen. Beim Spiel Super-6 schafften wir es immerhin in die Gewinnklasse 5: zwei richtige Endzahlen. Doch leider „vergaß“ unser Berliner Gastgeber Mikław unseren Gewinn von 6 Euro (!) abzuholen („Lottoschein? Ich erinnere mich an nichts. :)“). Danke, Merkel Mikław!

PS: In der Lounge in Leipzig hat sich aber auch wirklich gar nichts Nennenswertes zugetragen.
¹ echter Name den Schreibern unbekannt
² übertrieben detaillierte Beschreibung der Person
³ echter Name den Schreibern bekannt